Qualle wirbt für mehr Respekt

Normalerweise sollen Schiedsrichter nicht im Vordergrund einer sportlichen Begegnung stehen. Es gilt stets als gute Leistung, wenn ein Gespann das Spiel ohne viel Aufsehens unter Kontrolle hat.
Vergangenen Samstag war es beim SC Auetal aber eine andere Situation: Schiedsrichter Qualle, bekannt durch seine TikTok-Videos, hat das Spiel der C-Junioren geleitet. Zuvor hat er in einem Workshop Einblick in seine Arbeit als Referee gegeben und für mehr Respekt und Toleranz geworben.
Pascal Martin, so heißt Qualle eigentlich, ist Influencer und nutzt seine Reichweite in den sozialen Medien dafür, jungen Schiedsrichtern Tipps zu geben und vom Umgang mit negativen Erfahrungen zu berichten.
Im Workshop begegnet er den Teilnehmern auf Augenhöhe, was mit seinem jungen Alter von 21 Jahren zusammenhängt. Er forderte die 30 Kinder und Erwachsene dazu auf, von Negativerlebnissen mit Schiedsrichtern zu berichten, wie etwa Abseitsstellungen oder nicht gegebene Tore.
Qualle stellt nach den geschilderten Szenen klar, dass ein Schiedsrichter ein Mensch sei und deswegen genau den Respekt bekommen sollte, den auch die Spieler gern bekommen würden. „Nur weil er eine Entscheidung gegen euch gefällt hat, ist der Schiedsrichter ja kein Mensch zweiter Klasse“, sagte Qualle. Fehler seien menschlich, und gerade im Sport passierten jeden Tag eine Menge Fehler. „Fehler gehören dazu und nur dann, wenn man Fehler macht, kann man aus ihnen lernen“, so der Influencer weiter.
Er appellierte an die Zuhörenden, stets vernünftig und höflich mit Schiedsrichtern und auch anderen Personen auf und neben dem Spielfeld umzugehen. Eben so, wie man selbst gern behandelt werden möchte. Dazu gehöre auch, vor dem Spiel den Spielleiter zu begrüßen und sich nach dem Spiel zu verabschieden und zu sagen, dass der Unparteiische gut gepfiffen habe. Dabei komme es nicht darauf an, ob gut oder schlecht gepfiffen worden sei, es sei ein Gebot der Höflichkeit und Zeichen des Respekts, denn ohne Schiedsrichter könnten Spiele kaum stattfinden.
Qualle erzählt, dass der Deutsche Fußball-Bund (DFB) mit den Fair-Play-Regeln zum Teil auf Schiedsrichter verzichten könne. So plane der Verband im Junioren-Bereich beide Teams gemeinsam über Situationen entscheiden zu lassen. „Das ist für mich der größte Müll“, klagt Qualle. Man könne im Wettbewerb nicht auf die Objektivität der Beteiligten setzen. Es scheint aber nötig zu sein, schließlich sinkt die Anzahl der Schiedsrichter im DFB. 2014 waren es noch 80 000, mittlerweile sind es nur noch um die 50 000. Das ist ein Problem, das Qualle mit seinen Workshops angehen will.
Er vermittelt den Kindern, dass sie respektvoll mit dem Spielleiter umgehen sollen. Wird dem Schiedsrichterwesen mehr Respekt und weniger Aggression entgegengebracht, haben vielleicht auch mehr Jugendliche Interesse daran, eine entsprechende Ausbildung zu machen.
Qualle leitete das anschließenden Spiel der C-Jugend des SCA gegen die JSG Sachsenhagen/Lindhorst /Beckedorf II. Das Spiel ging mit 4:1 an die Gastgeber. Vor dem Spiel bekam der Star des Tages ein Mikrofon in die Hand, mit dem er ein faires und beleidigungsfreies Fußballspiel forderte. Denn gerade Eltern und Trainer seien häufiger ausfällig gegenüber dem Referee. „Kinder sind da meistens etwas reifer und erkennen eine getroffene Entscheidung an“, sagt Qualle aus Erfahrung.

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