Hannover 96 lässt Jan-Frederik Meyer vom SC Auetal nicht los

Jan-Frederik Meyer hat vieles neu geordnet. Er zog mit seiner Partnerin Alena Anfang September nach Bückeburg, hat vor nicht allzu langer Zeit den Job im Warengruppen-Management bei der Edeka in Minden angetreten und ist nebenbei als Trainer mit der 96-Fußballschule unterwegs.

Nur der eigene Sport beim SC Auetal, der gehört zu den alten Gewohnheiten im Leben des 31-jährigen. „Ich bin voll ausgebucht“, sagt er, und das ist absolut nachvollziehbar. Dass ein Kreisligaspieler, wenn auch ein technisch herausragender, bei Hannover 96 arbeitet, ist allerdings ungewöhnlich. Normalerweise treten als Trainer dort gerne ehemalige Profis auf, zumindest aber Spieler, die mal am großen Fußball schnupperten. Doch das ist bei Jan-Frederik Meyer gewissermaßen sogar der Fall. Sein Talent fiel früh ins Auge.

Er kam über die Kreis- in die Niedersachsenauswahl, spielte im Länderpokal und wurde im C-Jugend-Alter schließlich von Hannover 96 angeworben. „In der Niedersachsenauswahl kamen die Mitspieler von Vereinen wie dem VfL Wolfsburg, dem VfL Osnabrück oder Hannover 96“, erzählt er. „Nur bei mir, da stand TuS Rehren A.O. – kein Mensch wusste, wo das ist.“

Seinem Fortkommen tat die idyllische Herkunft zunächst aber keinen Abbruch. Er überstand bei 96 die jährlichen Auswahlprozesse, arbeitete sich bis in die A-Jugend durch, spielte in der Bundesliga. Doch dann war Schluss. Der heimliche Traum von einer Profikarriere zerplatzte, was in der brutalen Selektionsmaschinerie eines Proficlubs der Normalfall ist.

Während Mitspieler es noch mal bei einem Dritt- oder Viertligaklub versuchten, kehrte Meyer wieder zum damaligen TuS Rehren A.O. ins bürgerliche Dasein zurück. All das sieht er nach den Jahren gelassen: „Natürlich war die Enttäuschung groß, aber ich nahm aus dieser Zeit trotzdem etwas mit.“ Was das war, erklärte Deutschlands erfolgreichster Nachwuchstrainer Norbert Elgert von Schalke 04 neulich in einem Podcast: Persönliche Eigenschaften wie Ehrgeiz, Hartnäckigkeit und Leistungsbereitschaft seien schließlich auch im sonstigen Leben ziemlich nützlich.

Deshalb ist es durchaus typisch, dass sich Meyer auch im Beruf zielstrebig zeigt. Nach der Ausbildung zum Industriekaufmann bei Riha in Rinteln sattelte er den Industriefachwirt und den Betriebswirt drauf. Doch wie kam er nebenberuflich zur 96-Fußballschule? Der Kontakt sei über einen ehemaligen Mitspieler zustande gekommen, erzählt er.

Der habe ihm das gesamte Konzept erklärt. „Mir gefiel das“, sagt Meyer, weil die 96-Fußballschule keine Systemspieler erzeugen wolle, sondern den Schwerpunkt in Richtung Individualität und Kreativität legt. „Bei uns darf man nicht nur drei Mann ausspielen, man soll es sogar“, erklärt Meyer. 96 liegt damit voll im Trend. Fußball-Deutschland hat nämlich mittlerweile erkannt, dass bei all dem taktischen Pressing, Gegenpressing und Verschieben kaum noch Spieler heranwachsen, die mit einem verrückten Dribbling Chaos schaffen und damit alle taktischen Theorien des Gegners in Sekunden wertlos machen.

Mehr als zehn Mal im Jahr tingelt Meyer jetzt an Wochenenden mit der 96-Fußballschule durch die Lande. Weil er sachlich, überlegt, aber doch sehr einfühlsam und aufmerksam rüberkommt, scheint es genau seine Aufgabe zu sein. „Ja, die Arbeit mit den Kindern macht mir großen Spaß“, bestätigt er. Doch ist er nach der Enttäuschung als Jugendlicher auch ein Fan von Hannover 96 geblieben? „Was für eine Frage. Natürlich!“

© Schaumburger Zeitung / Jörg Bressem

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