Der Schaumburger Fußball lässt ihn nicht los

Auetals Trainer Thomas Reh war bei Hannover 96 / Uwe Cording holte ihn zum FC Hansa Rostock

Als er seinerzeit aus dem großen Hannover zum FC Stadthagen wechselte, da musste er sich erst erkundigen: „Wo genau liegt diese Stadt eigentlich?“ Thomas Reh kennt die geografischen Verhältnisse mittlerweile nicht nur gut, das Schaumburger Land ließ ihn sogar auf seltsame Weise nicht los. „Dass ich eines Tages als Trainer des SC Auetal wieder hier bin, hätte ich nie gedacht“, sagt der heute 66-jährige, bei dessen weiter Reise durch den Fußball große Stationen der Hamburger SV, Hannover 96 und sogar FC Hansa Rostock auftauchen. Die Tour von Thomas Reh begann einst im heimischen Schleswig-Holstein beim Itzehoer SV, von dem er in die A-Jugend des Hamburger SV wechselte und als Riesentalent galt. Er spielte später in der Oberliga Nord, der dritthöchsten Ebene, unterschrieb seinen ersten Profivertrag aber in Hannover beim damaligen Zweitligisten SV Arminia. Dort lief er in einem Derby vor vollem Haus auch gegen den Lokalrivalen Hannover 96 auf. Im Tor der „Blauen“ stand damals Dieter Schrader, der später als Trainer des FC Stadthagen anheuerte und Thomas Reh zum Wechsel ins Schaumburger Land überredete. Mit Spielern wie Frank Malisius, Dietmar Bade, „Ölle“ Mensching, Uwe Baciulis und Achim Langreder spielte eine fußballerisch starke Truppe des FC Stadthagen seinerzeit dreimal um den Aufstieg in den Verband, scheiterte allerdings jedes Mal seltsam tragisch. Gut nur, dass Reh in dieser Zeit bereits am Trainerschein bastelte und später sogar die A-Lizenz machte. Das eröffnete den Absprung. „Die Erwartungen in Stadthagen waren nämlich hoch damals“, erinnert er sich. Als er von Stadthagen als Spielertrainer zum TSV Kolenfeld wechselte, musste er sich Sprüche anhören: „Was willst Du auf dem Dorf?“ Dass Stadthagen später in die Bezirksklasse abrutschte, er den TSV Kolenfeld aber in vierjähriger Arbeit in die Bezirksliga führte, war deshalb auch ein Stück Genugtuung. Thomas Reh wohnte mittlerweile in der Kreisstadt, erschloss sich nach der Kolenfelder Zeit als Trainer des Landesligisten SC RW Maaslingen („ein liebevoll geführter Verein“) neue Schauplätze wie Bielefeld und Gütersloh, und kehrte danach zum FC Stadthagen zurück, dessen Auswahl mit Spielern wie Heiner Klein, Oliver Jelinek, Jörg Könecke gerade abgestiegen war. Dort kam es zu einer der kuriosesten Trainerentlassung, die es in Schaumburg jemals gab. Obwohl Thomas Reh mit der Mannschaft an der Tabellenspitze stand, wurde er durch Karl Eggestein, dem Vater der beiden späteren Werder-Profis, ersetzt. „Der FC Stadthagen ist für mich gestorben“, schimpfte Reh seinerzeit, übernahm für vier Jahre den SV Obernkirchen und stieg mit der Mannschaft um „Locke“ Castaldo, Oliver Nerge, Björn König, Michael Scherf und Klaus Rödenbeck in die Bezirksliga auf. Dann passierte etwas, wovon viele Spieler und auch Trainer träumen: Hannover 96 rief an und fragte bei Reh nach, ob er sich eine Arbeit als Nachwuchstrainer vorstellen könnte. Er konnte es, und es wurden 13 Jahre daraus. Thomas Reh trainierte die U15 und U16. „Das war damals schon ein großer Schritt für mich“, erinnert er sich an seine Arbeit im Eilenriedestadion, das mittlerweile zu einem schicken Nachwuchsleistungszentrum ausgebaut wurde. Ab und zu stellten sich neue Profitrainer wie Ralf Rangnick, Ewald Lienen oder Peter Neururer dort kurz vor, die sich ansonsten aber meist wenig für den Vereinsnachwuchs interessierten. „Manche schauten sich kein einziges Spiel der A-Jugend an“, berichtet Thomas Reh. Nur Ralf Rangnick und später Ewald Lienen stellten mal einen A-Jugendlichen und Abiturienten namens Per Mertesacker überraschend in der Bundesliga auf. Der Rest ist deutsche Fußballgeschichte. Aber zurück zu Thomas Reh. Er wohnte längst wieder in Hannover, war nach der Zeit als Nachwuchstrainer mal Trainer des Oberligisten 1.FC Wunstorf und arbeitete ein Jahr lang als Scout des FC Hansa Rostock, was durch den im Schaumburg ebenfalls bekannten Uwe Cording eingefädelt wurde. Der ehemalige Trainer des VfL Bückeburg war nämlich Chefscout des damaligen Drittligisten und suchte einen Fachmann, der nach geeigneten Spielern in der Regionalliga Nord fahndet. Reh übernahm das, analysierte fortan Spiele der Amateurmannschaften von Hannover 96 und dem VfL Wolfsburg, schaute auch mal beim 1.FC Germania Egestorf-Langreder vorbei. Nach dem Spiel stand auch Hendrik Weydandt auf seinem Zettel für Rostock, doch der landete später eher zufällig bei Hannover 96. Uwe Cording, der den VfL Bückeburg einst in die DFB-Pokalhauptrunde führte, ist übrigens immer noch im Scouting tätig, war beim VfL Osnabrück und arbeitet jetzt für den SV Sandhausen. „Als die Arbeit für Hansa Rostock auslief, dachte ich, das war es jetzt“, meint Thomas Reh, der in den vielen Jahren bei einem Vermessungs-Landesbetrieb in Hannover arbeitete und auch dort langsam auf den Ruhestand zusteuerte. Weil er aber in den Jahren häufig auch mit der 96-Fußballschule über die Lande zog, kam er an den SC Auetal. Jan-Frederik Meyer, den er als Jugendlichen in Hannover trainierte, war nämlich auch bei der 96-Fußballschule und fand, dass man es zumindest mal versuchen könnte, Thomas Reh zum Traineramt beim Kreisligisten zu bewegen. „Ich musste erst überlegen, ob ich überhaupt zum Gespräch fahre“, erinnert sich Reh. Als dann aber die Unterredungen gut verliefen und auch der Familienrat in Hannover-Groß Buchholz ebenfalls zustimmte, da war das Engagement perfekt und Thomas Reh tatsächlich wieder in Schaumburg. Doch wie unterscheidet sich die Arbeit beim Tabellendritten der Kreisliga Schaumburg von seinen bisherigen Trainerstationen, bei denen es womöglich doch etwas ambitionierter zuging? „Ich habe mehr Verständnis, ich will mit gutem Training zum Spaß am Fußball beitragen, ich möchte aber auch bei den Spielern die nötige Ernsthaftigkeit spüren“, erklärt er. Er kenne bereits die meisten Ausreden. „Wenn die Freundin zum dritten Mal an einem Trainingsabend Geburtstag hat, frage ich, wie oft er sie eigentlich wechselt“, erzählt Thomas Reh. War der SC Auetal also ein Fehler? „Auf keinen Fall“, sagt er. „Ich habe es nicht bereut.“

© Schaumburger Nachrichten

Archiv