1:1 in Exten … und keiner war zufrieden

75 Minuten Überzahl, Ausgleich in der 9. Minute der Nachspielzeit

Ein merkwürdiges Spiel erlebten die Auetaler Schlachtenbummler Sonntag auswärts in Exten. Doch was heißt „merkwürdig“? Spiele beim Rintelner Stadtteilverein hatten zuletzt immer dieses Attribut. Vor zwei Jahren hauten wir den Gastgeber TSV Eintracht mit 7:1 weg. Vorige Saison machten wir das Spiel, versiebten dickste Chancen und unterlagen 0:3. Und diesmal? Rote Karte gegen Extens Fabio Hubert (24.min). Dann 75 Minuten Überzahlspiel unserer Auetaler. Am Ende in der Nachspielzeit der Nachspielzeit der Nachspielzeit ins 1:1 gerettet. Verrückt. Jens Kästel dazu: „Der Punkt bringt uns zwar nicht weiter, hält uns aber im Geschäft.“

Glückliche Gesichter sah man bei keinem Spieler, egal ob in Exten-Blau oder in Auetal-Rot. Ein jeder hatte mehr erwartet. Dabei standen beide Mannschaften ein wenig unter Zugzwang. Der SC Auetal hatte den Saisonauftakt gegen Sachsenhagen mit 0:1 in den Sand gesetzt. Zugegeben, Sachsenhagen war an jenem Spieltag besser. Der TSV Eintracht Exten wurde Opfer seiner Fehlplanung. Die Blauen gingen davon aus, die Saison beginne eine Woche später. Wichtige Leute waren in Urlaub, als eine Verlegenheitsmannschaft vorigen Sonntag in Hevesen auflief. Das rächte sich. Exten verlor 0:4. Folglich empfing der punktlose 16. den punktlosen 11. Aber was heißt das schon nach einem Spieltag?

Bei unseren Auetalern fehlte der urlaubende Alex Enzi. Tobias Feldmann (langzeitverletzt) und Marius Mieruch (Rekonvaleszent) haben sich inzwischen an die Rolle des Zuschauers gewöhnt. Kamuran Özkan war eine Art taktischer Gesprächspartner für Marco Gregor. Ansonsten spielten wir in Bestbesetzung.

Die Auetaler Jungs zeigten direkt, dass sehr viel Wille im Spiel steckte. Eine Steinsiek-Flanke erreicht Tim Neermann nicht (5.min). Dann wackelt Janni Franke seinen Gegner aus, flankt prächtig. Tim Neermanns Kopfball wird von der Linie geholt (13.min).

Aufregung gibt es in der 24. Minute. Der Ball wird durchgesteckt zu Neermann, der freie Bahn zum gegnerischen Strafraum hat. Konnte dies aber nicht nutzen, denn Extens Innenverteidiger Fabio Hubert spielt Foul. Als letzter Feldspieler sieht er die ROTE Karte. Beim Platzverweis gibt’s keine Diskussion. Den Freistoß Basti Wagners hält Extens Torwart Krohn im Nachfassen.

„Ein herber Schlag“, murmeln die Exten-Fans und denken bei der Unterzahl dann an die lange Spielzeit, die noch aussteht. Es gibt zwei Möglichkeiten, wie solch ein Spiel sich nun entwickelt. Entweder wird die dezimierte Mannschaft über den Platz gehetzt und tritt sich vor Erschöpfung später selbst auf die Zunge. Oder die Unterzahl setzt Kräfte frei, so dass ein Unterschied nicht sichtbar wird. „Wir waren mit zehn Mann die meiste Zeit besser“, wertet Extens Routinier Martin Jaskulski den restlichen Verlauf des Spiels.

Die erste Exten-Chance hatte Lars Anke, köpft aber aus guter Position über das Tor (26.min). Dann liegt die Auetaler Führung in der Luft. Ercan Adsiz bedient Moussa Guire. Unser Mann von der Elfenbeinküste ist mit der Fußspitze vor dem herauseilenden Torwart Krohn am Ball. Aber die Kugel streicht um Zentimeter am Tor vorbei (28.min). Schade, das wär’s gewesen!

Richtige Tordramatik gab es im Verlauf der 1. Halbzeit nicht mehr. „Ein bisschen bissiger müssen wir schon sein“, urteilte Jens Kästel angesichts der Auetaler Angriffsbemühungen. „Exten spielt jetzt schon auf Zeit.“ Marc Steinsiek versuchte es aus 25 Metern … kein Problem für Christian Krohn. Erneut Steinsiek mit einem Schuss von links. Der Ball geht knapp am langen Pfosten vorbei. Es war die letzte Szene vor der Halbzeit.

„Wir dürfen nicht den Kardinalfehler machen, dass wir uns ausruhen. Meinen es läuft von alleine, weil wir einen Spieler mehr haben“, rät Marco Gregor in der Halbzeitpause. „Nein, wir müssen eine Schüppe drauflegen. Nur so funktioniert die Nummer. Wir hatten drei Riesenchancen, waren im Abschluss aber unkonzentriert. Exten verteidigt hoch. Macht das gut, spielt den Ball schnell in die Spitze. Hinten müssen wir kompakt stehen. Nur Mut: Die Chancen, die wir in der 1. Halbzeit hatten, kommen in der zweiten wieder.“

Ein Blick auf den Zeitungsbericht von Montag erweckt den Eindruck, es gäbe nur Chancen für Exten. Man merkt, dass hier der Heimtrainer das Telefonat mit der Presse führte. „Der Gastgeber … war die torgefährlichere Mannschaft und hatte durch Felix Kaufmann, Lassina Bamba und Leon Dresenkamp, der in der 70. Minute nur den Posten des Auetaler Gehäuses traf, mehrfach den Führungstreffer auf dem Fuß“, lautet die Zeitungsmeldung.

Wir möchten dies relativieren und sahen gleichfalls viele Auetaler Möglichkeiten. Basti Wagner tankt sich außen durch. Sein Schuss aus spitzem Winkel findet aber keinen Abnehmer und geht ins Seiten-Aus (46.min). Marc Steinsiek steht allein vor Extens Tor und schiebt vorbei (47.min). Ein Treffer in dieser Phase … und Exten wäre mausetot gewesen.

Anschließend, das sei zugegeben, boten sich dicke Chancen auf beiden Seiten. Exten geht nach einem Einwurf außen durch und schießt aus spitzem Winkel an den Außenpfosten. Bei Marco Gregor war’s die 50. Minute, bei Extens Trainer Steffen Führung die 70. Minute. Wie unterschiedlich doch zeitliche Wahrnehmungen sein können …

Dann eine Dreifach-Chance für Auetal. Doch immer ist ein Abwehrbein oder Extens Torwart Christian Krohn dazwischen (56.min). Zwei Minuten später kontert der TSV Eintracht. Unser Torwart Metin Yetiz hält gegen Felix Kaufmann (super!), dann semmelt Leon Dresenkamp den Ball an die Latte (58.min). Zehn Minuten später ist Metin Yetiz mit einem Monster-Reflex Sieger gegen Felix Kaufmann (68.min). Im Gegenzug schießt Samer Mahmo nach einem Exten-Abwehrfehler freistehend Torwart Krohn an (69.min). Tim Neermann jagt den Ball aus 16 Metern knapp vorbei (73.min).

Sie merken, lieber Leser, es ist ein interessantes Spiel, das munter weiterläuft. Metin Yetiz entschärft einen gefährlichen Freistoß von außen (74.min). Bald fordern die Auetaler Fans ‚Elfmeter“, als Tareq Khalil Tim Neermann im Strafraum foult. „Zu wenig“, urteilt der Assistent Thorben Banoczay und zieht den Unmut des Auetaler Anhangs auf sich. „Foul ist Foul!“, jaulen die meist in rot gekleideten Fans. Banoczay ist übrigens als Unparteiischer gewechselt. Früher Sachsenhagen, heute Hagenburg. Ob es einen Transfermarkt über Schiedsrichter gibt?

Nach einem schlimmen Fehlpass unsererseits im Mittelfeld hat Leon Dresenkamp die dicke Chance. Verzieht freistehend vor Metin Yetiz (77.min). Puuuh … Extens Torwart Krohn hält stark gegen Tim Neermann (78.min). Dann ist der Ball im Netz, und Exten jubelt !!! „Alle sind nach außen gerückt. Wir haben komplett die Mitte aufgemacht“, ärgert sich Jens Kästel im Sinne aller Auetaler. Felix Kaufmann nutzt den Stellungsfehler und trifft von halblinks ins kurze Eck: 1:0 (83.min). War’s das für unsere Auetaler?

Exten macht das, was jedes Team in Unterzahl wohl praktizieren würde. Den Gegner im Blick halten und an die Uhr denken. Verzögern, den Ball gaaaaanz langsam ins Spiel bringen. Dann bei Berührung mit dem Gegner zu Boden sinken und abwarten, ob irgendwann der Notarzt kommt. Nicht böse gemeint gegen Exten, es sind halt jene Mätzchen, die alle Mannschaften bei diesem Spielstand machen. Manchmal fällt der Schiedsrichter darauf rein, will schnell nach Hause und minimiert die Nachspielzeit.

Nicht so Jannik Kastenschmidt. Der Unparteiische aus Sachsenhagen hatte die effektive Spielzeit ganz genau im Blick. Signalisierte sechs Minuten Nachspielzeit. Doch auch hier wurde verzögert. Basti Wagner: „Der Schiedsrichter sagte, sechs Minuten sind schon durch, aber wir packen noch zwei Minuten oben drauf.“ So war’s dann auch … und die Dramatik nahm ihren Lauf.

In der letzten Nachspielzeitminute gab es erregte Diskussionen. Eine Rauhut-Flanke von rechtsaußen wird mit der Hand von Exten abwehrt. „Elfmeter“, brüllen die Auetaler Fans und auch die Wechselbank. Schiedsrichter Kastenschmidt sieht dies anders, verlegt den Tatort Zentimeter vor die Strafraumlinie. „Der Schiedsrichter hat korrekt entschieden“, sieht Marius Mieruch die Szene. „Extens Spieler stand kurz vor der Strafraumgrenze. War in der Rückwärtsbewegung, als seine Hand den Ball erreichte.“ Als alle Augen und das Hirn auf scharf geschaltet waren, stand Extens Abwehrspieler tatsächlich dann im Strafraum. „Das Handspiel war aber vor der Linie.“

Die Zeit ist (fast) vorbei. Die letzte Szene kommt. Mit welcher Variante wird Basti Wagner diesen Freistoß schießen? Angeschnitten in den Strafraum löffeln? Nein, er gibt den Ball VOR den Strafraum zu Felix Rauhut. „Das war so abgesprochen“, erläutert Basti. Rauhut schießt und hätte sicherlich das Tor verfehlt. Doch Samer Mahmos Fuß ist noch dazwischen … die Kugel geht ins Netz: 1:1 (90.+9). Der Ausgleich in der Nachspielzeit der Nachspielzeit der Nachspielzeit.

„Ich habe spekuliert“, meint unser erfahrener Torschütze. „Wenn der Ball das Tor verfehlt, geht er meist links vorbei. Also wusste ich, wo ich stehen musste.“ Exten reagiert mit Fassungslosigkeit, Die Spieler merken, dass zwei sicher geglaubte Punkte gerade vom Sportplatz davonfliegen und statt des Sieges „nur“ ein Unentschieden herausspringt. „Über die Nachspielzeit braucht sich Exten nicht aufregen“, sieht Janni Franke keinen Diskussionsanlass in Anbracht der starken Spielverzögerungen.

Der Schlusspfiff nach dem Ausgleich folgte prompt. Anschließend gab es Diskussionen auf dem Platz, weil ein Kommentar von Metin Yetiz auf Seiten der Gastgeber nicht viele Freunde fand. Doch die Spieler des TSV Eintracht Exten und SC Auetal sind von der Seele her ganz liebe Jungs. Jagdszenen wie bei Evesen – Iraklis Hellas blieben aus. Am Ende tranken alle noch ein Bier und trauerten. Die einen, weil sie 64 + 9 Minuten Überzahl schlecht nutzten konnten. Die anderen, weil statt des Sieges nur ein Unentschieden heraussprang.

Jetzt Dienstag geht es weiter. Exten empfängt Obernkirchen. Wir reisen zum TuS Niedernwöhren. Irgendwie ist es heute der Jens-Kästel-Kommentar-Artikel. Was meint nun Jens zur Lage? „Du musst das nächste Spiel gewinnen. Sonst kannst du die Saison für lange Zeit begraben.“ Also lassen wir die Schaufeln zu Hause und gehen mit frisch geputzten Fußballschuhen in Niedernwöhren ran. Schuhe, an denen das Drei-Punkte-Siegesglitzern funkelt …

S t a t i s t i k :

TSV Eintracht Exten – SC Auetal 1 : 1 ( 0 : 0 )
Kreisliga Schaumburg, 2. Spieltag (12.8.2018)

Exten: C. Krohn – Braunert (69. Kone), Hubert, M. Krohn, Khalil – Hunze – Jaskulski, Anke (59. Bamba), Druffel – Dresenkamp (90. M. Zum Felde), F. Kaumann // Trainer: Führing
Auetal: Yetiz – Rauhut, Gür, Schaper (54. Dunkley) – Adsiz, JF Meyer (68. F. Meyer) – Wagner, Moussa, Franke (61. Mahmo) – Neermann, Steinsiek // Trainer: Gregor

Schiedsrichter: Jannik Kastenschmidt (SV Victoria Sachsenhagen)
SR-Assistenten: Thorben Banoczay (TSV Hagenburg)
Thilo Hitzemann (Schwarz-Weiß Enzen)

Tore: 1:0 (84.) F. Kaufmann, 1:1 (90.+9) Mahmo
Gelbe Karten:
Exten: Kohne (87./Handspiel)
Auetal: Schaper (51./Foul) , Meyer (63./Foul)
Rote Karte: Exten: Hubert (24./Foul letzter Mann)
Zuschauer: 83

Archiv