Auf der anderen Seite des Tisches

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Volker Müller vom SC Auetal führt das Schaumburger Fußball-Sportgericht an

Sportrichter im Fußball sind in der Regel unbeliebte Menschen, weil sie den „Delinquenten“ die schönste Nebensache der Welt vermiesen, Sperren von bis zu einem Jahr aussprechen können. Volker Müller weiß das. Der Obernkirchener hat sich dennoch dazu entschieden, im Sportgericht des Fußballkreises Schaumburg als Vorsitzender Verantwortung zu übernehmen.

18KSG VM„Es ist der unbeliebteste Job – nach dem des Schiedsrichters“, sagt Müller, der aber schon ein Rezept hat, wie er das Amt ausfüllen will: „Man muss nicht beliebt sein, aber nachvollziehbar handeln.“ Der Ton mache eben die Musik, „es muss vernünftig miteinander umgegangen werden“.

Nach dem Rücktritt von Gerhard Klöpper im vergangenen Jahr wurde der Posten vakant. Heinrich Sasse füllte das Amt bis zum Kreistag im November kommissarisch aus, wollte aber aus zeitlichen Gründen („Er hat genug an der Hacke“) den Vorsitz nicht länger übernehmen, bleibt aber als Stellvertreter erhalten. „Eigentlich wollte ich nur Beisitzer werden. Nach der neuen Konstellation um den Rücktritt bin ich gefragt worden und habe mich zur Wahl gestellt.“ Die fiel einstimmig aus, die Schaumburger Fußballer haben wieder einen Sportgerichtsvorsitzenden, der auch mal den Mut haben will, „Strafen zu reduzieren“.

Dabei ist Müller durchaus bewusst, dass im Sportgericht mitunter gelogen wird, dass sich die Balken biegen: „Man muss halt herausfinden, was Märchen ist, wo einem etwas vorgegaukelt wird – und was der Wahrheit am nächsten kommt. Man muss sich da reinfinden.“ Die Erfahrung dazu bringt Müller mit, ist seit Jahren Spartenleiter der Fußballer des SC Auetal und mischt im Vorstand des Kreisligisten mit. „Im Sportgericht sitze ich jetzt halt auf der anderen Seite des Tisches.“

Gesetze und Ordnungen seien ihm nicht fremd, „ich habe im Berufsleben bei der Sparkasse damit zu tun gehabt.“ Aber auch in seiner sportlichen Vita hat Müller gelernt, sich durchzusetzen. Der langjährige Handballer des TuS Lahde/Quetzen war nach der aktiven Laufbahn als Schiedsrichter unterwegs und im Kampfgericht tätig, da sogar „bis auf Bundesebene“.

In den Dschungel der Fußball-Paragrafen müsse er sich aber erst reinfuchsen, mit den unterschiedlichen Ordnungen beschäftigen, so Müller. Das Problem: Es gibt keine Lehrgänge für Anfänger. „Da ist nichts im Angebot.“ Also „Learning bei doing“? „Ja, ich werde mich einlesen.“

Bei einer Sportrichtertagung wolle er den Erfahrungsaustausch mit Kollegen suchen. „Es ist ja interessant, wie andere Neulinge das machen.“ Auch Kontakte zu Denise Thaddey, der Vorsitzenden des Bezirkssportgerichts Hannover und ebenfalls Quereinsteigerin, sind da von Vorteil. „Außerdem habe ich im Sportgericht erfahrene Beisitzer, die lassen mich nicht im Regen stehen“, berichtet Müller, der vor seiner ersten Verhandlung ruhig geschlafen hat. „Ich hatte einfach ein gutes Gefühl – und es ist dann auch gut gelaufen.“

Die Arbeit beim SC Auetal will der 63-Jährige fortführen und fühlt sich auch sonst nicht eben unterbeschäftigt. „Aber ich bin jetzt im Vorruhestand, habe etwas mehr Zeit. Und Müller macht den Schaumburger Fußballern Mut: „Es wird keinem der Kopf abgerissen, es geht nur um Sport.“

© Sportbuzzer / Uwe Kläfker

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