Die Regenschlacht von Krankenhagen

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Emotionaler Abschied  /  Niklas Dohm nun Richtung Studium

170930 Krankenh-SCA01Es gibt es Szenen, die behält der Sportfreund bis zum Lebensende in Erinnerung. Ein spektakulärer Fallrückzieher-Treffer. Ein Tor bei Sturmböen aus 65 Metern. Eine Massenschlägerei auf dem Platz. Ein nackter Flitzer zur Erheiterung.  Oder jene Szenen, die sich am letzten Samstag in Kathrinhagen abspielten. Klimawandel pur erlebten 75 Zuschauer, als sich der Himmel öffnete und sintflutartiger Starkregen das Spiel zur Glückssache machte und für die Zuschauer zur nassen Angelegenheit verkümmerte. Zum Glück besitzt Krankenhagen eine kleine Holztribüne, so dass die Fans die Angelegenheit mit Fatalismus aufnahmen.

Gastgeber TSV Krankenhagen hatte das Wochenende richtig schön geplant. Früher nannte sich so etwas ‚Sportwerbewoche‘. Doch da man heutzutage mit Werbung allseits zugemüllt wird, erscheint der Name nicht mehr zeitgemäß. ‚Herbstsportfest‘ wird nun griffig formuliert. Was den Platz betrifft, ist unser Trainer Marco Gregor voll des Lobes. „Klein, aber fein … einer der schönsten Sportplätze in Schaumburg.“ Das stimmt, zumindest bis zum Starkregen. Nur an der Platzplatzsituation muss der TSV noch arbeiten. Kommen mehr als 70 Zuschauer, wird’s für die Autos äußerst eng.

170930 Krankenh-SCA02Marco Gregor hat derzeit die Qual der Wahl. Marc Steinsiek ist noch angeschlagen, aber der Rest ist allseits wieder fit und freut sich auf den Einsatz. Diesmal blieb Henne Ebeling draußen, der Dreifach-Torschütze der Hagenburg-Begegnungen. „Damit habe ich kein Problem“, wünschte Henne seinen spielenden Kollegen viel Erfolg. „Wir haben soviele Spieler, dass jeder seine Einsatzzeit bekommen soll.“

Der unverwüstliche Rolf Buschhorn, die Kultfigur in Schaumburgs Schiri-Szene, verbindet mit dem Platz in Krankenhagen angenehme Erinnerungen. „Hier habe ich meine Jugend verbracht“, denkt Rolf zurück. „Eigentlich komme ich aus dem Rheinland. Doch wir wurden 1944 ausgebombt, so dass meine Eltern mit mir nach Krankenhagen zogen. Ich spielte in den Jugendmannschaften des TSV, auch bei den Herren, bis ich 19 war.“ Dann zog die Liebe ihn nach Hattendorf. Für unseren Nachbarverein im Auetal greift Rolf seit langem schon zur Pfeife und zur Fahne.

Seit 46 Jahren ist Rolf Buschhorn als Schiri nun im Einsatz. Wir wünschen ihm und uns noch viele gemeinsame Begegnungen … nur dürfte es dann etwas trockener sein als Samstag. „Einen solchen Regenschauer habe ich lange nicht mehr erlebt“, meint Rolf. „Aber es ist nicht mein erstes Spiel bei solchem Starkregen. Nur ärgern mich die nassen, schweren Klamotten.“ An einen Spielabbruch dachten die Unparteiischen aber in keiner Phase.170930 Krankenh-SCA05

Der TSV Krankenhagen ist schwer einzuschätzen. Man kämpft von Anfang an um den Klassenerhalt, ließ aber im September mit Siegen in Niedernwöhren und in Sachsenhagen (jeweils 2:1) aufhorchen. Unser SC Auetal denkt an das nächste ‚Kiste-Bierschwale-Essen‘. Es ist hinlänglich bekannt, dass unser Fan Uwe Bierschwale ein leckeres Mannschaftsessen zelebriert bei vier Siegen in Folge. Das Team sieht sich auf gutem Weg. 3:0 gegen Hagenburg, nun 6:0 in Krankenhagen. Sonntag kommt Hevesen, dann eine Woche später das schwere Auswärtsspiel beim TSV Steinbergen. Kann klappen. Vielleicht.

Eine Kostprobe der Offensivkunst lieferte Basti Wagner schon in der ersten Spielminute. Doch Karsten Struckmann parierte Bastis Schuss mit starker Leistung. Dann setzte Regen ein. Regen, Regen, Starkregen. Fotos waren kaum noch möglich, und auch die Zuspiele erwiesen sich als schwierig. Das kümmerte jedoch nicht Basti Wagner, der eine Neermann-Vorlage aufnahm und wuchtig einknallte zum 0:1 (12.min). Wir sind Gastverein bei dieser Zählweise … und alle mitgereisten Auetaler freuten sich.

170930 Krankenh-SCA11Ältere Sportfreunde dachten an eine Weltmeisterschaft zurück, die sie noch jung und frisch am Fernsehschirm erlebten. Damals, 1974 bei Deutschland gegen Polen, erlebte der Ball einen ähnlich zähen Kampf gegen die Wasserlachen. Die Kugel blieb in Pfützen liegen, das Zuspiel war reine Glücksache. Diesmal war nicht allein der Boden, sondern auch die Luft wasserdurchtränkt. Die 25 Sportler auf dem Platz, egal ob in Krankenhagen-Grün, Auetal-Rot oder in Schiri-Gelb, gaben ihr bestes. Mehr darf bei den Witterungsverhältnissen niemand erwarten.

Zweimal noch durfte der Auetaler Anhang bis zur Halbzeitpause jubeln. Alex Enzi besorgte mit einem 22m-Schuss,halbhoch ins lange Eck, das 2:0 (39.min). Der Sieg schien sicher. Einerseits haben wir eine starke Abwehr, andererseits ist’s für den Gegner schwer, im Wasserspiel zwei Tore aufzuholen. Letzte Zweifel beseitigte Tim Neermann kurz vor der Pause. Ein Solo-Lauf von Florian Meyer bringt Tim in Schussposition aus spitzem Winkel. Der Ball setzt auf, rutscht Torwart Struckmann über die Arme und küsst das Netz zum 3:0 (43.min). Alles easy. Mit nassen Füßen stapften unsere Jungs in die Kabine.

Was würde wohl die zweite Halbzeit bringen? Nach klarem Spielstand schaltet eine Mannschaft in der Regel zurück, verwaltet das Ergebnis und sehnt angesichts des Wetters den Schlusspfiff herbei. Würde der SC Auetal genauso vorgehen? Nicht ganz; unser Team machte weiter Druck. Krankenhagen scheint auswärts stärker zu sein, denn die Siege wurden zuletzt auf fremden Plätzen eingefahren. Gegen Pollhagen gab’s für den TSV auf eigenem Gelände eine 1:7 Klatsche. Könnten die Auetaler hier etwas für ihr Torverhältnis tun?

170930 Krankenh-SCA13Wir möchten den Gegner nicht schlecht reden. Der Gastgeber zeigte sich bemüht, doch blieben Krankenhäger Chancen Mangelware. Die Außen wussten zu gefallen, wobei der TSV sich hier im Zuwandererbereich bedient. An Namen wie Layee Keita und Youssouf Cherif muss sich der Schaumburger Groundhopper erst mal gewöhnen.

Bald roch der SC Auetal am vierten Treffer. Eine Flanke von Tobias Feldmann erreicht Tim Neermann, der es aus Nahdistanz versucht, jedoch an Torwart Struckmann scheitert. Lukas Herrmann setzt im Fallen nach, hebt den Ball aber über das leere Tor (50.min). Jens Kästel schüttelt angesichts der vergebenen Chance den Kopf. „Was ist, wenn es mal um was geht?“ Und Marco Gregor meint zu ‚Schubser‘ Meyer, unserem Betreuer: „Was lassen wir in dieser Saison für Chancen liegen. Das ist normal.“

Sechs  Minuten später klärt die Abwehr eine Feldmann-Flanke vor dem einschussbereiten Basti Wagner. In der gleichen Minute versucht es Tobi Feldmann aus der Distanz. Doch kein Problem für Krankenhagens Torhüter Karsten Struckmann (56.min). Die Auetaler stürmen weiter. Schuss Florian Meyer, Endstation Torwart Struckmann. Philip Dunkley aus Nahdistanz, erneut bleibt Krankenhagens Torwart Sieger.

Noch doller kam es wenig später, als Schiedsrichter Kording den Auetalern einen Handelfmeter zusprach. Gegen Hagenburg hatte Samer Mahmo verschossen, jetzt durfte sich Basti Wagner versuchen. Das Ergebnis war das gleiche. Basti zielte links unten. Torwart Struckmann hielt. Die Auetaler Wechselbank war „not amused“. Jens Kästel ärgerte sich über Larifari-Schüsse, Auch Marco Gregor hatte eine bessere Erfolgsquote erhofft. Dies Thema wird aufzuarbeiten sein.

Dann fielen doch noch Tore, als Krankenhagen in der Konzentration nachließ und auch der Regen keine Lust zum plätschern hatte. Erneut bereitet Tobi Feldmann vor. Tim Neermann wird geschickt, und via Innenpfosten geht der Ball ins Tor: 0:4 (81.min).

170930 Krankenh-SCA16An Schussversuchen fehlte es nicht. Krankenhagens ‚Jojo‘ Hänke jagte den Ball knapp über das Tor (84.min). Auf der Gegenseite scheiterte Flo Meyer gleichfalls knapp (85.min). Dann helfen beide Mannschaften beim nächsten Treffer. Florian Meyer geht über rechts, Caius Fels in Abseitsposition lässt auch noch aufhorchen, doch sorgt der Krankenhäger Abwehrspieler André Redeker für die Vollendung: 0:5 (88.min) per Eigentor. Die Auetaler können dankbar sein. Bei eigener Ballberührung hätte der Treffer wegen abseits nicht gezählt.

Als  alle dies als Endstand innerlich verbuchten, fiel noch der letzte Treffer. Ecke Feldmann, Kopfball vom aufgerückten Abwehrspieler Alex Enzi: 0:6 (90.min). Am Ende stand ein Resultat, bei dem man fragt, ob es bei anderem Wetter in gleicher Form gelaufen wäre. Vielleicht wär’s knapper ausgegangen bei Trockenheit. Vielleicht wär’s noch deutlicher geworden, wenn Auetal die vielen Möglichkeiten konsequent verwerten würde. Egal, die Überlegungen sind hypothetischer Natur.

In der Kabine wurde es noch einmal emotional. Niklas Dohm, unserer wackerer Torhüter, steht dem SCA in naher Zukunft nur eingeschränkt noch zur Verfügung. Sein Studium in Franken ruft. Irgendwo in der Einöde jenseits von Ansbach wird ihm Wissen eingetrichtert, doch hoffe alle, dass er den SC Auetal nicht vergißt. Kapitän Tobias Feldmann überreichte im Namen der Mannschaft zwei Präsente. Ein Team-Foto mit allen Unterschriften, darin ein Auszug aus der Landkarte, dick eingezeichnet, wie man von Franken aus den Weg nach Auetal schnellstens zurückfindet. Auch gab es einen Schnellzug im Modellform, denn zu Fuß ist die Strecke doch ein bisschen weit.

Danke für anderthalb tolle Jahre in der 1. Mannschaft, Niklas, und viel Erfolg beim Studium. Während Niklas am nächsten Wochenende die neue Umgebung erkunden wird, rückt Metin Yetiz gegen Hevesen dann in den Kasten. Wenn denn gespielt wird, denn beim Wetter  – siehe „Regenschlacht von Krankenhagen“ –  weiß man in diesen Tagen nie …

 

S t a t i s t i k :

170930 Krankenh-SCA18TSV Krankenhagen  –  SC Auetal    0 : 6    ( 0 : 3 )
Kreisliga Schaumburg,  10. Spieltag

Krankenhagen:   Struckmann  –  A.Redeker, Bilgen (69. Reese), Grewe, Smuda  –  Hänke, Stegner (72. Neuhaus)  –  Cherif, Keita  –  Melcher, Dresenkamp    //    Trainer:  Rush
SC Auetal:   Dohm  –  Winkelhake, Enzi, Dunkley  –  Adsiz (66. Struckmeier), JF Meyer  – F.Meyer, Feldmann, Neermann  –  Wagner (80. Fels), Mahmo (46. Herrmann)    //    Trainer:  Gregor

Schiedsrichter:    Endrik Kording  (TuS Südhorsten)
SR-Assistenten:  Sven Brinkmann (FC Hevesen)   +   Rolf Buschhorn  (SV Hattendorf)

Tore:   0:1 (12.) Wagner, 0:2 (39.) Enzi, 0:3 (43.) Neermann, 0:4 (81.) Neermann, 0:5 (88.) Redeker / Eigentor nach Schuss Flo Meyer, 0:6 (90.) Enzi
Gelbe Karten:   KEINE
Zuschauer:  75

 

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