Welche Qual für Auetal – Entscheidung in der Nachspielzeit

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Kreispokalfinale: Eingewechselter Luca Wischhöfer zerlegt uns in der 91. Minute

170605PoNoLa-SCApokal01Sie meinen, lieber Leser, wir wären eingeschlafen und würden nur im positiven Fall berichten? Nein, erst in der Niederlage zeigt sich wahre Größe. Es ist nur reichlich stressig, wenn innerhalb von sechs Tagen drei äußerst wichtige Partien stattfinden. Alles erfordert seine Vorbereitung, will gut durchdacht sein und faktenscharf berichtet.

Wie das Kreispokalfinale verlaufen ist, haben Sie eingehend in der Presse bereits lesen können. Dabei gebührt ein dickes Lob den Zeitungen, die höchst ausführlich auf das Endspiel eingingen und interessante Bilder präsentierten. In unseren Internetberichten erheben wir nicht den Anspruch auf Schnelligkeit. Das schaffen wir eh nicht. Stattdessen gelten die Berichte als ausführliche Ergänzungen zu jenen Meldungen, die wir am Montag in der Regel in der Presse lesen. Im „normalen“ Spielbetrieb beschränkt sich dies auf Auflistung der Torschützen und zwei netten Sätzen von einem Mannschaftsverantwortlichen. Das ist für uns zu wenig. Daher gehen wir mit unserer Berichterstattung in die Tiefe. Wir schildern die Gemütslage der Spieler, manch kuriose Dinge drum herum und greifen auch zu Formulierungen, die in der Presse durch Zensur in dieser Form nie stehen würden.

170605PoNoLa-SCApokal02Pokalfinale? Was für ein Traum, was für ein Highlight in der Vereinsgeschichte. Denn im Finale stand der SC Auetal seit der Fusions-Entstehung (2008) noch nie. Kreisvorsitzender Marco Vankann übermittelte uns netterweise die Final-Paarungen seit 1991. Demnach zogen unsere Vorgängervereine dreimal (!) ins Kreispokalfinale ein. 1991 spielte Kathrinhagen gegen Sachsenhagen (Sieger und Ergebnis unbekannt). 1993 schlug TuS Kathrinhagen den MTV Rehren A/R (Jubel, Jubel !). 2003 war der TuS Rehren A/0 dabei, unterlag jedoch Liekwegen. Die Resultate hat sich damals niemand aufgeschrieben.

Das diesjährige Finale in Wiedensahl geht als gelungene Veranstaltung in die Geschichte ein. Skeptiker hatten Zweifel bei Bekanntgabe des Finalortes. Wiedensahl? Sportlich im unteren Drittel der 1. Kreisklasse. Am Rand von Schaumburg, da wo sich plattes Land befindet und dahinter nur die unendlichen Weiten der Prärie Richtung Diepholz und Nienburg beginnen. Konnte das gut gehen? „Ich sehe keinerlei Probleme“, hatte Wiedensahls Spartenleiter Sven Sölter erwidert und verwies auf einen enormen Erfahrungsschatz, den man mit der jährlich durchgeführten Sportwoche einbringen würde.170605PoNoLa-SCApokal03

In der Tat, Wiedensahl war Spitze! Zehn Ordner, 40 Helfer, eine solide Organisation, vernünftiges im Glas und auf dem Teller, gut hörbare Durchsagen, eine freundliche Atmosphäre, nett plaudernde Fangruppen … und nach dem Spiel Small-Talk zwischen allen Spielern und den Fans. So macht Fußball Spaß! Schaumburgs Sportgemeinschaft zeigte sich von der besten Seite und feierte mit über 1.000 Teilnehmern ein Familienfest. Danke euch allen!

Apropos Zuschauer, während der 2. Halbzeit wurde die offizielle Zahl bekannt gegeben. 1.022 !!! Wow, das haut um. Waren es wirklich so viele? Manche hielten die Zahl für positiv nach oben korrigiert. Volker Müller, der für Auetal bei der Kassenabrechnung zugegen war, berichtet: „Wir hatten 600 zahlende Besucher.“ Sven Sölter führt hinzu: „Dazu kommen dann noch die Frauen, die freien Eintritt haben, die Kinder und die Schiedsrichter. Am Ende waren es 1.022.“ Wir wollen dies nicht abstreiten. Es gibt aber noch eine andere Deutungsmöglichkeit, dass diese Zahl die Richtigkeit besitzt. Wiedensahl hat 1.000 Einwohner. Rechnet man die Jungs hinzu, die auf dem Spielfeld den Ball bewegen  – es sind bekanntlich 22 –  ist mathematisch diese Sache klar. Alle Wiedensahler plus 22 Spieler … passt !!!  Tausendzweiundzwanzig.

170605PoNoLa-SCApokal04Bei den sympathisierenden Zuschauern war Pollhagen-Nordsehl/Lauenhagen der Nähe wegen in der Überzahl. Das war nicht anders zu erwarten. Wobei in Sachen ‚Support‘‘ das Spiel wohl unentschieden ausging. Die FSG hatte die optische Hoheit, wir die akustische. Gerne machen wir den Fans des Drei-Dörfer-Fusionsvereins das Kompliment, dass sie in modisch hübschen Shirts den Platz umsäumten. „You can‘t stop us“ war auf der Vorseite zu lesen. Dazu ein Henkel-Gefäß, was an die Champions-League-Trophäe erinnerte. Auf der Rückseite die Resultate, die Pollhagen-Nordsehl/Lauenhagen ins Endspiel führten.

Beim Spruchband kann man unterschiedlicher Ansicht sein. Irgendwas mit „sauen“ und „Pollhausen“ war zu lesen. Klang etwas holprig, diese Aufschrift. Genial getroffen liest sich anders. Dazu kam ein großes Spruchband auf zwei Hölzern mit dem Titel „Kreispokal 2017 – FSG Supporter“ und zweimal das Vereinsemblem. Es macht die Jungs der FSG sympathisch, dass sie von vorherein sich nicht als Sieger darauf pinselten, sondern in Demut die Finalteilnahme nur erwähnten. Natürlich war das Transparent dann später bei der Siegerehrung großer Blickfang.170605PoNoLa-SCApokal05

Und Auetal? Ein solches Spruchband? Fehlanzeige. Brauchen wir auch nicht. Das Siegerlächeln unserer Jungs hätte vollkommen ausgereicht. Die Mimik der Akteure in den roten Trikots hätte alle überzeugt. Es ist nicht nötig, dass wir uns im Erfolgsfall unter einem Banner dann verstecken. Aber was schreibe ich hier? Alles Makulatur. Es jubelten am Ende halt die anderen.

Bei der Akustik sah es für die Auetaler freundlicher aus. Christian und Lars Rösner aus der 2. Mannschaft hatten eine dicke Trommel organisiert. Die schlugen sie dann auch und feuerten im Pulk die Mannschaft an. Wie sich herausstellte, hatten sich die Auetaler Fans in zwei Gruppen aufgestellt, so dass die Anfeuerung aus unterschiedlichen Richtungen kam.

170605PoNoLa-SCApokal06Auf den Spielverlauf wollen wir nicht groß eingehen. Den kennen Sie bereits, haben dies ausführlich in den Zeitungen gelesen. Die ersten 30 Minuten? Zaghaft, ängstlich, die FSG das Spiel machen lassend? Geschenkt. Es fielt ja „nur“ ein Gegentor. Bedanken können wir uns beim überragenden Schlussmann Niklas Dohm. Der junge Keeper erinnerte an eine indische Tempelstatue. Sie wissen schon, an jene mit den vielen Armen. Abgesehen von einem Kopfball des völlig freistehenden Fabi Nerge (da hätte selbst Manuel Neuer nichts machen können), hielt Niklas alles, was auf seinen Kasten am. „Der stärkste Torhüter der Kreisliga“, hatte mal jemand gesagt. Wer will da widersprechen?

Sepp Herberger gilt als Ikone der Fußball-Weisheiten. Doch in einem Punkt irrte er. „Ein Fußballspiel dauert 90 Minuten.“ Das galt vielleicht zur Zeit des Wirtschaftswunders. Aber die Zeiten haben sich geändert. Tore in der Nachspielzeit sind manchmal ganz schön heftig. Wir kennen dies, weil unsere Jungs vor ein paar Wochen drei Spiele mit solchen späten Treffern aus dem Feuer rissen. Es wurde schon gefragt, mit welchem Zaubertrank der Trainer Marco Gregor dies zustande bringe.

Diesmal lernten wir die andere Seite der Medaille kennen. In der 90. Minute vollzog FSG-Trainer Michael einen Spielerwechsel. Brachte Luca Wischhöfer für Abwehrmann Maik Kubba. Die übliche Taktik, um Zeit zu schinden? Eine Option fürs spätere Elfmeterschießen? Kann sein, doch lief die Sache völlig anders. Weiter Ball der FSG auf links, Schuss, Torwart Niklas Dohm wehrt ab. Soweit, so gut. Doch dann der Nachschuss, aus spitzem Winkel … und mit seiner ersten Ballberührung netzt Luca Wischhöfer ein und trifft den SC Auetal ins Herz. Die Bissflecken in unserem Hinterteil vor Wut und vor Enttäuschung sind heute noch zu sehen.170605PoNoLa-SCApokal07

Luca Wischhöfer schoss das Tor seines Lebens. Darüber wird er seinen Enkeln und Urenkeln noch berichten. Wir stellen uns die Szene bildlich vor. Da sitzt der runzelige Luca vornüber gebeugt im Altenheim-Lehnstuhl (heißt ja heute Senioren-Residenz) und erzählt einer aufmerksamen Kinderschar: „Wißt ihr, damals 2017, als der Ball noch rund war … da habe ich das Siegtor im Pokalfinale gegen Auetal gemacht.“  –  „Booah? In echt?“ fragen die kleinen Zuhörer ungläubig. „Stimmt das denn überhaupt?“ wundert sich der kritische Nachwuchs angesichts des körperlichen Zustands des nun uralten Luca.

„Ja, so war das damals“, bekräftigt der Erzähler mit fistelnder Stimme. „Wenn ihr mir nicht glauben wollt, geht drei Zimmer weiter. Da siechen zwei meiner Auetaler Gegenspieler vor sich hin. Fragt die, die werden’s wissen.“ Für den weiteren Verlauf des Fantasie-Gesprächs fehlt uns die Vorstellungskraft. Kann sein, dass sie dement das Frustrationserlebnis ausgeblendet haben. Kann gleichfalls sein, dass die Partien gegen Uetze und Nordstemmen den alten Auetalern besser im Gedächtnis haften blieben. Auch möglich, dass der SC Auetal zu anderen Taten in naher Zukunft fähig ist.

170605PoNoLa-SCApokal08Zurück zur Gegenwart. Nix ist es mit dem Pokal. Den haben nun die FSG-Spieler und schlürfen ein Jahr lang aus diesem Kübel Sekt. Mal sehen, was die Alkoholkontrolle in der kommenden Saison ergibt. Dann stehen wir der FSG vermutlich wieder gegenüber. Wir dürfen sicher sein, es werden spannende Partien.

Im Falle eines Sieges hätten die Auetaler Helden die frohe Botschaft den umliegenden Dörfern mit einer Trecker-Fahrt verkündet. Henne Ebeling hatte aus eigenen Beständen ein Monster-Gefährt bereit gestellt. Das Ding sah schon bombastisch aus. Gewaltige Zugmaschine mit Hänger, der sogar eine Aufschrift trug. Was drauf stand? Pollhagen-Schlächter? Nein, so martialisch ist die Denkweise der Spieler doch nicht. „Trachtengruppe Rusbend“ war zu lesen.

Der Abend verlief trotz des Ergebnisses für unsere Jungs feucht-fröhlich und harmonisch. Der Trecker und sein Hänger blieben zwar auf dem Gelände an der Alten Poststraße. Dennoch wurde auf ihm gefeiert und getanzt und auf die Kameradschaft angestoßen. Wie sagte Wilhelm Sieker damals seinen Engern-Spielern, als sie in der Runde vorher gegen uns mit 0:3 verloren: „Jetzt trinken wir ein schönes Bier und freuen uns, dass wir im Halbfinale waren.“  Streichen wir das „Halb“, bleibt das „Finale“ übrig. Es ist doch schön, dass wir so weit gekommen sind. Manchmal gehört im Fußball Glück dazu. Das hat man leider nicht alle Tage …170605PoNoLa-SCApokal09

 

S t a t i s t i k :

„Kreispokal Schaumburg“ Finale 2017 in Wiedensahl
SC Auetal  –  FSG Pollhagen-Nordsehl/Lauenhagen    1 : 2    ( 1 : 1 )

SC Auetal:   Dohm  –  Rauhut, Enzi, Diedler (46. Schaper)  –  Adsiz, JF Meyer  –  Bussmann, Feldmann, Steinsiek  –  Klemme (65. Wagner), Mahmo    //    Trainer:  Gregor
FSG Pollhagen-Nordsehl/Lauenhagen:    D.Treichel  –  Krebs, Gottwald, Mensching, Kubba (90. L.Wischhöfer)  –  Wilharm (65. Schöller)  –  Gutsch, J.Wischhöfer (85. Hillmann), Wilms  –  Nerge, Wellschmidt    //    Trainer:  M.Treichel

170605PoNoLa-SCApokal10Schiedsrichter:    Thomas Wartmann   (TuSG Wiedensahl)
SR-Assistenten:  Stefan Krause  +  Thorben Busch   (beide Beckedorfer SV)
Tore:
1:0  (  6.)     Fabian Nerge
1:1  (32.)     Samer Mahmo
1:2  (90.+1) Luca Wischhöfer

Gelbe Karten:
Auetal:      Steinsiek (45./ Foul),  Feldmann (55./ Foul),  Wagner (90./ Reklamieren)
PoNoLa:   Wilharm (12./ Foul),  Gutsch (56./ Foul),  Gottwald (73./ Foul)
Zuschauer:   1.022

 

 

 

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