Gedächtnisstütze in Person

17Gedächtnisstütze in Person

Ernst Siepmann aus Bad Eilsen dokumentiert seit 45 Jahren Sportveranstaltungen.

Er tingelt mit Kappe, Tragetasche und Zigarre über die Schaumburger Sportplätze.

17Gedächtnisstütze in PersonVor drei Jahren kam Ernst Siepmann aus Duisburg nach Bad Eilsen – er besitzt dort ein Haus. Mittlerweile hat der 58-Jährige einen gewissen Wiedererkennungswert bei vielen Sportlern erreicht. Kappe, Tragetasche mit Notizblock und immer eine Zigarre, so zieht Siepmann in Schaumburg und den angrenzenden Gebieten über die Sportplätze und durch die Hallen.

Seit 45 Jahren steht der Sport mit seinen vielen Ausprägungen für ihn im Mittelpunkt. Fußball, Handball, Basketball oder Eishockey, der dreifache Vater schaut sich vieles an. Selbst hat er nie Sport betrieben: „Ich war zu schlecht, mich hätte keiner aufgestellt“, lacht der ehemalige Stahlhändler. Es geht ihm um Erinnerungen, um die Möglichkeit, sich auch Wochen, Monate oder Jahre nach einem Spiel noch richtig das Geschehen ins Gedächtnis rufen zu können.

Also dokumentierte er bis heute tausende Spiele, notierte Einzelheiten und besondere Szenen. „Erinnerungen verblassen schnell, nach einer Woche weißt du schon nur noch die Torschützen und das Ergebnis“, erklärt er seine Motivation. Da würde halt vieles in Vergessenheit geraten. Also werden Zeitungsausschnitte mit den Vorberichten sowie Mannschaftsaufstellungen gesammelt. Beim Spiel macht er dann seine persönlichen Notizen. „Und das archiviere ich dann“, beschreibt Siepmann seine Agenda.

Dazu passt seine heimliche Leidenschaft: Er sammelt Programmhefte und Stadionzeitungen. Im Lauf der Zeit kamen an die 40 000 Stück zusammen. „Drei Zimmer voll, ich habe schon lange den Überblick verloren“, schmunzelt er. Diese Hefte werden getauscht und gehandelt. So sind Programmhefte aus der Vorkriegszeit etwa vom MSV Duisburg begehrte Sammlerstücke.

Von 1993 bis 1995 war er Vorsitzender der deutschen Programmsammler-Vereinigung. Heute hat Siepmann das gleiche Problem wie viele Sammler seiner Altersgruppe: „Man hat einfach keinen Platz mehr“. Die Notizen werden heute digital abgespeichert, aber es gibt viele Ordner vor dem Computer-Zeitalter. Siepmann zeigte selbst Kreativität, gestaltete für die Basketballer vom SSV Hagen in der ersten Bundesliga die Programmhefte, fuhr mit zu den Auswärtsspielen und führte Statistiken. Auch in Schaumburg war er schon tätig: Beim SV Nienstädt 09 gestaltete er die Stadionhefte, in Obernkirchen half er den Handballern als Hallensprecher. Im Ruhrpott arbeitete Siepmann in vielen Funktionen ehrenamtlich.

Seit einiger Zeit schreibt er für den Fußball-Kreisligisten SC Auetal die Berichte für die Vereinshomepage, gestaltet auch die „Zuschauerinformationen“ für den SCA. Dort gefällt ihm die Struktur des Vereins, der Umgang miteinander. „Es ist alles persönlicher, auch mit den Spielern, Auetal lebt vom Idealismus“, sagt der 58-Jährige. Die Umstellung nach seinem Umzug aus dem Ruhrpott ins Schaumburger Land war nicht einfach. Es sei ein Mentalitätsschock gewesen, im Ruhrgebiet liefen Ober- oder Landesliga im Fußball außerhalb jeder Wahrnehmung, so Siepmann: „Schalke, Dortmund, Mönchengladbach, die erdrücken alles.“

Hierzulande musste er erst einmal eine geografische Orientierung vornehmen. „Evesen, Niedernwöhren, das hatte ich nie gehört“, meint Siepmann mit einem Lächeln. Als Siepmann seinen Kumpels erklärte, er werde nach Schaumburg, in die Nähe von Bückeburg, ziehen, kam eine Reaktion, die immer noch für Gelächter sorgt. „Oh ja, Bückeburger Jäger, die hatten in den Dreißigern eine ganz bekannte Mannschaft“, sagten die Fachleute aus dem Ruhrpott.

Schaumburger Zeitung / Heinz-Gerd Arning

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