Die Medaille des kleinen Mannes

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Sportabzeichentag beim SC Auetal: Haben die Regeländerungen sich ausgewirkt?

15Sportabz3 35 Minuten vor Beginn der Sportabzeichenabnahme fegt eine echte Husche über das Dorf hinweg, für ein paar Minuten schüttet es wie aus den sprichwörtlichen Kübeln, und Cornelius Padberg fasst einen Beschluss: Die Hochsprunganlage wird nicht aufgebaut, das hat bei diesem Wetter gar keinen Zweck.

Traditionell wird im Rahmen der Sportwoche des SC Auetal die Sportabzeichenabnahme angeboten, aber wie im letzten Jahr hat Padberg etwas Pech, das Wetter spielt nicht richtig mit, doch abgesehen von der Hochsprungübung kann der Sportabzeichenobmann mit seinem Prüfer-Team alle anderen Angebote stellen.

135 Sportabzeichen wurden im letzten Jahr beim SC Auetal abgelegt, und natürlich soll diese Zahl in 2015 getoppt werden, das ist das Ziel“, sagt Padberg. 135 Abzeichen, das bedeutet Platz fünf im Kreissportbund, weil die Sportabzeichen über einen Quotienten berechnet werden, der die Zahl der Mitglieder berücksichtigt. Soll heißen: Viele Mitglieder gleich viele Sportabzeichen.

Vor zwei Jahren wurde das Deutsche Sportabzeichen kräftig überarbeitet, zum 100. Geburtstag wurde der Leistungskatalog nach den motorischen Grundfähigkeiten gegliedert, die sich grob in Kondition und Koordination unterteilen lassen. In der Trainingswissenschaft gelten sie als die entscheidenden Voraussetzungen sportlicher Leistung. Dabei wird die Kondition weiter in vier Grundfähigkeiten unterteilt: Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit und Beweglichkeit.

Haben die Änderungen sich positiv ausgewirkt? Aber sicher doch, erklärt Sportobmann Padberg, vor allem in einem Bereich ist damit ein deutlicher Schritt nach vorn gemacht worden: beim Schwimmen.

Denn bis vor zwei Jahren gab es fünf Disziplinen, und Schwimmen war eine eigene Grundfähigkeit. Was in der Praxis bedeutet habe, erklärt Padberg, dass 15 bis 20 Menschen jedes Jahr vier Disziplinen absolviert hatten, aber nicht schwimmen waren. Soll heißen: Es war ein richtiges Angehen. Heute ist Schwimmen in den vier Disziplinen nur ein Angebot unter mehreren, und weil die Schwimmfähigkeit nach wie vor ein Grundpfeiler des Sportabzeichens ist, reicht es heute, wenn ein Sechsjähriger nachweist, dass er schwimmen kann. Bis zum 17. Lebensjahr wird das eingetragen, und er kann das Sportabzeichen sogar ohne Schwimmdisziplinen ablegen.15Sportabz1

102 Jahre ist es her, dass die „Auszeichnung für vielseitige Leistungen auf dem Gebiete der Leibesübungen“ – wie das Sportabzeichen damals hieß – erstmals vergeben wurde: am 7. September 1913 anlässlich des Jugend-Spielfestes in Berlin, damals an 22 Sportler. Mitgebracht hatte die Idee von einem „Sportorden für jedermann“ der Sportfunktionär Carl Diem aus Schweden.

Und die Idee hat sich gehalten, bis heute ist das Deutsche Sportabzeichen die einzige Auszeichnung in der Bundesrepublik, die außerhalb des Wettkampfsports die Fitness von Freizeit-, Schul- und Betriebssportlern überprüft. Allerdings war es zu Beginn nur Männern vergönnt, eine Urkunde für ihre körperliche Ertüchtigung zu erhalten. Erst 1921 wurde das Sportabzeichen dann auch für Frauen eingeführt.

Seit 102 Jahren hat sich der Kern des Sportabzeichens nicht geändert: Es geht um die Freude an der Bewegung und den Reiz der vielfältigen Sportarten. Und sportlich wurde es durch die Reform aufgewertet: Zu den wichtigsten Änderungen gehören die Einführung der Leistungsstufen Bronze, Silber und Gold, das Deutsche Sportabzeichen will sich wieder als Leistungsnachweis positionieren. Dazu kommt eine Ergänzung der Altersklassen. Die Altersklasse „ab 80“ beispielsweise wurde ersetzt durch: 80 bis 84, 85 bis 89 und ab 90 Jahre.

Ob beim SC Auetal, bei der TuSG Rolfshagen oder in jedem anderen Sportverein des Landkreises: man bemerkt als Beobachter schnell, dass es beim Sportabzeichen einen großen Mangel an Absolventen mittleren Alters gibt; gut drei Viertel der Verleihungen gehen an Kinder und Jugendliche – diesen Zuspruch können die Vereine aber nicht in die folgenden Altersgruppen hinüber retten. Das sieht auch Padberg so, relativiert aber ein bisschen: Etwas mehr sei es beim SC Auetal schon, der Grund seien viele sportwillige Eltern.

Stichwort Alter: Wie sieht denn die Situation bei den Prüfern aus? Gut, sagt Padberg, denn im Gegensatz zu andern Vereinen ist der SC Auetal bestens aufgestellt, mit Johanna Watermann und Jakob Gellermann hätten gerade zwei Jugendliche das Prüferteam verstärkt, erklärt der Sportobmann, „in den nächsten 50 Jahren müssen wir uns hier wohl wenig Gedanken machen“.

15Sportabz2 Dann zieht Padberg weiter, gemeinsam mit Gerd Krimpenfort will er ausmessen, ob auf dem Sportplatz nicht ein 100-Meter-Lauf angeboten werden kann. Das Problem sind die Maße des Platzes, er ist 90 mal 60 Meter groß. Krimpenfort und Padberg messen die Strecke also quer über den Platz aus, aber dann schauen sie nach oben und unten: An beiden Seiten wäre der Auslauf zu kurz, denn unten stehen die Zuschauerbänke, oben grüne Böschungen.

Wer trainieren oder seine Übungen absolvieren möchte, kann sich dienstags von 18 bis 19 Uhr beim SC Auetal melden. Die Prüfer warten auf dem Sportplatz an der Obersburg auf alle, die die gern so genannte Medaille des kleinen Mannes erringen möchten.

Auch wenn das Wetter nicht wirklich mitspielte, absolvierten doch Sportler aller Altersklassen ihre Übungen.

© Schaumburger Zeitung / Frank Westermann

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